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Leipzig und Bach, Bach und Leipzig - diese für uns fast selbstverständliche Symbiose bestätigt sich immer wieder, mit jedem Bachfest, mit Aufführungen seiner großen Werke, mit den Motetten der Thomaner. Dass das nicht immer so war, kann auch die Aufführungsgeschichte der Matthäus-Passion belegen. Längere Zeit nach Bachs Tod galt sie praktisch als verschollen, ehe Mendelssohn 1829 in Berlin die erste Wiederaufführung des Werkes leitete und dieses 1841 auch in Leipzig vorstellte. Und in Mendelssohns Fassung lebte sie bis weit ins 19. Jahrhundert im Bewusstsein der Musikwelt. Zum großen Ausnahmewerke der Chorliteratur hat sie eigentlich erst das vorige Jahrhundert gemacht.


Eine Aufführung heute stellt noch immer eine große Herausforderung dar, auf Grund der Größe der Besetzung und des hohen geistigen und musikalischen Anspruchs. Dass sich der Leipziger Universitätschor und sein Leiter Universitätsmusikdirektor David Timm den Ansprüchen erfolg reich stellen können, hat die Aufführung am Dienstagabend in der Peterskirche eindrucksvoll bewiesen. Mit dem Pauliner Barockensemble und einer ausgezeichneten Solistenbesetzung bieten sie eine rundum gelungene künstlerische Leistung.


Die "Matthäus-Passion", die die Geschichte vom Verrat und Tod Jesu bis zu seiner Grablegung erzählt, lebt von der unmittelbaren Wucht des Wortes ebenso wie von kontemplativer Nachdenklichkeit, vom Trauergestus wie von hoffnungsvollen Momenten. Allen diesen Seiten vermag Timm den ihnen gemäßen Ausdruck zu schaffen - angefangen beim recht breit angelegten Eingangschor bis hin zu den dramatisch zugespitzten Choreinwürfen speziell im zweiten Teil. Bemerkenswert auch die differenzierte Gestaltung der Choräle. Der bestens präparierte Universitätschor ist der Hauptakteur des Abends.


Hohen Anteil an dem Gesamteindruck hat Tobias Hunger als Evangelist und Sänger der Tenor-Arien. Seine helle und gut geführte Stimme b ietet beste Bedingungen für das Verständnis der Handlung. An seiner Seite können Gesine Adler mit ihrem klaren Sopran und Britta Schwarz mit ihrem warmen voluminösen Alt überzeugen. Die Bass-Partie des Christus gestaltet Thomas Oertel-Gormanns eindrucksvoll wie auch Felix Plock die Bass-Arien. Traditionsgemäß haben Chormitglieder die weiteren Partien der an der Handlung Beteiligten übernommen. Das Pauliner Barockensemble ist wie immer ein souveräner Begleiter und kann mit verschiedenen Soloinstrumenten überzeugen.


Der länger anhaltende Beifall am Schluss ist der Dank für eine insgesamt beeindruckende künstlerische Leistung der Leipziger Universitätsmusik. Sie hat ganz sicher dazu beigetragen, dass der Aufruf eines japanischen Chormitgliedes nach Spenden für das durch ungeheure Katastrophen betroffene Japan offenbar nicht ungehört geblieben ist.