Trost mit Verspätung: So war das „Deutsche Requiem“ in der Thomaskirche Die Universitätsmusik mit dem Universitätschor unter Leitung von David Timm und dem Orchester Leipziger Romatik bringen Johannes Brahms’ „Ein Deutsches Requiem“ in die Thomaskirche.
Mit zwei Jahren Verspätung konnte es endlich raus, das „Deutsche Requiem“ von Brahms. Der Unichor hat es am Mittwoch in der Thomaskirche gesungen, begleitet vom Orchester Leipziger Romantik auf historischen Instrumenten.
Leipzig. Es ist ein einziges großes Aber: „Ein deutsches Requiem“, op. 45 von Johannes Brahms. Was in der Welt passiert, ist manchmal – gelinde gesagt – suboptimal und wenig hoffnungsspendend. Aber: Irgendwo wartet eine Art Trost. Und der kann für jeden anders ausfallen. Am Mittwochabend war dieser Trost in der Thomaskirche zu finden – im Allgemeinen in der Schönheit der Musik, die Brahms in seinem „Deutschen Requiem“ den von ihm gewählten Bibelpassagen auf die Silben schreibt. Und im Besonderen darin, wie der Universitätschor diese Psalmen singt: ungeheuer reflektiert, sängerisch fein ausgearbeitet und ja, trostspendend.
Zwei Jahre lang lag es in den Notenmappen der Chorsängerinnen und -sänger, bis es nun endlich mit Verspätung zur Aufführung kommen konnte. Begleitet wird der Unichor vom Orchester Leipziger Romantik, das auf historischen Instrumenten musiziert. Zuerst ist er dumpf, der Klang, der sich durch das Kirchenschiff vorarbeitet. Aber immer lichter und luftiger wird er, sobald der Chor wie ein langsamer Sonnenaufgang einsetzt. „Selig sind die, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“ Zwischen den beiden Extremen hat Brahms diese Musik angesetzt, zwischen Leid und der Erlösung davon. Dieses Schweben über dem Abgrund fängt der Chor perfekt ein, diese Sehnsucht nach einem Zustand, der nicht mehr oder noch nicht ist. Nuancierte Chorarbeit: Alle Parameter sitzen
(...) Von weicher Hoffnung durchsetzt ist der Auftakt, und Universitätsmusikdirektor David Timm kann wieder einmal beweisen, wie nuanciert er mit seinem Chor arbeitet. Da sitzen alle Parameter. Textverständlichkeit und Präzision im Timing sind bemerkenswert. Durch das breite Spektrum der Dynamik kann die Musik erst ihre Wucht entladen.
Der dunkelste Punkt des Requiems, „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“, nimmt verhalten und düster seinen Anfang und kreiselt unaufhaltsam höher – bis ins überwältigende Forte. Angetrieben von Pauken überrollt der Klang das Kirchenschiff mit einer Intensität, die Gänsehaut erzeugt. (...)
Ein gewittriger Ausbruch ist „Denn wir haben hie keine bleibende Statt“, bevor sich der Kreis mit „Selig sind die Toten“ schließt. Eröffnet haben ihn Volker Bräutigams drei Seligpreisungen, die der Chor im Gedenken an den im Mai gestorbenen Komponisten Bräutigam singt. Es ist die Aufwärmstufe vor dem Requiem, die sanften Farben und die Präzision bereiten den Weg für Brahms und dieses Ausnahme-Werk, das in kollektiver Ergriffenheit und stehend gespendetem Applaus endet.