Herzlich willkommen zum Semesterkonzert des Leipziger Universitätsorchesters im Sommersemester 2023!

Leipziger Universitätsorchester

Leitung: Ilya Ram

02.07.2023, 18:00 Uhr
Gewandhaus, Großer Saal

Vorkonzert am 27.06.2023
im Probensaal des MDR

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© Marie Luise Stephan

Programm

Ethel Smyth (1858–1944)

Ouvertüre zu The Wreckers

 

Nikolaj Rimskij-Korsakov (1844–1908)

Suite aus der Oper Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und von der Jungfrau Fewronija

I. Vorspiel: Lob der Einsamkeit
II. Hochzeitszug. Überfall der Tataren
III. Die Schlacht am Kershenez
IV. Der selige Tod der Jungfrau Fewronia. Die Wallfahrt zur unsichtbaren Stadt

 

–Pause–

 

Camille Saint-Saëns (1835–1921)

Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 »Orgelsinfonie«

I. Adagio – Allegro moderato, Poco adagio
II. Allegro moderato – Presto, Maestoso – Allegro

Werkeinführung

Ouvertüre zu »The Wreckers«

Sonntagnachmittag an der Küste Cornwalls: Eine arme Dorfgemeinschaft macht sich auf den Weg zum Gottesdienst. Der aufkommende Wind lässt sie auf neue verunglückte Schiffe vor ihrer Küste hoffen, deren Plünderung ihre Überlebensgrundlage darstellt. In den vergangenen Wochen war die Ausbeute gering und es kommt das Gerücht auf, dass ein Verräter Leuchtfeuer entzünde, um die herannahenden Schiffe vor der felsigen Küste zu warnen und somit vor dem Schiffbruch zu bewahren.

Als Ethel Smyth nach mehr als zwei Jahren der vergeblichen Bemühungen um eine Aufführung ihrer Oper The Wreckers 1906 letztlich der Uraufführung am Neuen Theater in Leipzig beiwohnte, muss es sich für sie um eine erschreckende Erfahrung gehandelt haben. Nicht allein die mangelhafte Übersetzung ihres Werks ins Deutsche unter dem Titel Strandrecht, sondern vor allem weitreichende Kürzungen im dritten Akt veranlassten die Komponistin – dem begeisterten Premierenpublikum zum Trotz – zu einer Konfrontation mit dem Dirigenten Richard Hagel. Dieser weigerte sich jedoch, die Oper ungekürzt aufzuführen, was Smyth kurzerhand dazu veranlasste, das gesamte Notenmaterial an sich zu nehmen, die Stadt zu verlassen und somit weitere Aufführungen in Leipzig zu verunmöglichen.

Dieser unkonventionelle Akt der Selbstermächtigung ist nicht unüblich für die 1858 in Kent geborene und 1944 in Surrey verstorbene Smyth. Nachdem sie bereits im Alter von 14 Jahren an ein Mädcheninternat wechseln musste, da ihre Eltern sie für „unmanageable“ hielten, setzte sie als junge Erwachsene mit Hungerstreik und eisernem Schweigen ihrer Familie gegenüber durch, Komposition studieren zu dürfen. Nach einem enttäuschenden Jahr am Leipziger Konservatorium, wo Smyth unter anderem bei Carl Reinecke studierte, setzte sie ihren Unterricht privat bei Heinrich von Herzogenberg fort, mit dessen Frau Elisabeth sie überdies ein romantisches Verhältnis unterhielt. Neben ihrer kompositorischen Tätigkeit unterstützte Smyth aktiv die englische Frauenrechtsbewegung, deren inoffizielle Hymne sie mit ihrem The March of Women komponierte. Im Rahmen dieses politischen Engagements provozierte sie gemeinsam mit anderen Frauenrechtlerinnen bewusst ihre Verhaftung und verbüßte eine zweimonatige Gefängnisstrafe.

Gesellschaftlichen Konventionen entgegen läuft auch das Handeln Thurzas, die in The Wreckers gemeinsam mit ihrem Geliebten Marc die Feuer an der Küste entzündet, da sie das Plündern der Schiffbrüchigen moralisch verurteilt. Beide planen, gemeinsam dem Leben im Dorf zu entfliehen, entzünden aber noch ein letztes Mal ein Leuchtfeuer. Thurzas Mann Pascoe, der Laienprediger des Dorfes, entdeckt dieses und findet überdies den Schal seiner Frau an der Feuerstelle. Als er schließlich von einem der patrouillierenden Suchtrupps gefunden und ihm vorgeworfen wird, der Verräter zu sein, verweigert er die Aussage, was ausreicht, um ihm den Prozess zu machen.

Auf die Themen Verzweiflung und Ohnmacht, Religiosität und Moral, Liebe und Betrug, welche in Smyth‘ Oper verhandelt werden, bietet uns die Ouvertüre des Stückes bereits einen Ausblick. Das unisono vorgetragene und mehrfach wiederkehrende Thema in d-Moll lässt die sich auftürmenden Wellen vor der unwirtlichen Felsküste Cornwalls erahnen, während die zu Beginn des Stücks das Thema durchbrechenden Piano-Passagen mit prägnanten Pizzicati in den Bässen Assoziationen zum in der Nacht herumstreifenden Verräter des Dorfes hervorrufen. Bevor die Streicher ein lyrisches Thema in C-Dur vortragen, welches die romantischen Verstrickungen der Oper andeutet, nehmen die Holzbläser, insbesondere das klagende Englischhorn, bereits vorweg, dass selbige unter keinem guten Stern stehen. Bevor sich die Ouvertüre mit der Reprise des Themas in der Varianttonart D-Dur auf ihr Ende zubewegt, zeigt der eingeschobene Choral die – trotz der moralisch problematischen Lebensweise der Dorfbewohner – vorhandene Verwurzelung dieser in ihrer Religiosität sowie das damit verbundene Hoffen auf göttlichen Beistand und die Erlösung aus ihrer Situation.

Die durch den Schluss der Ouvertüre in Dur evozierten Hoffnungen auf ein positives Ende werden in The Wreckers nicht erfüllt. In einer Höhle tagt die Dorfgemeinschaft, um Pascoe zu verurteilen, der aufgrund seines anhaltenden Schweigens bereits als Schuldiger festzustehen scheint. Nachdem sich allerdings Marc zu den Taten bekennt und Thurza ihm beisteht, wird das Urteil gefällt, beide in Ketten zu legen und der aufkommenden Flut zu überantworten. Die beiden Liebenden gehen schlussendlich – ihre Taten zwar gestehend, die Schuld in diesen jedoch nicht anerkennend – gemeinsam in den sicheren Tod.

 

Martin Köhler

 

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Land's End, Cornwall ©Wikimedia Commons

Suite aus der Oper »Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und von der Jungfrau Fewronija«

Versunkene Städte faszinieren. Mythenumrankt treten sie in verschiedenen Kulturen in Erscheinung, sei es Atlantis im Mittelmeer, Vineta in der Ostsee oder die bretonische Stadt Ys, deren Kirchenglocken in den sturmumtosten Atlantikwogen zu hören sein sollen. Mit der unsichtbaren Stadt Kitesch griff Nikolaj Rimskij-Korsakov wiederum einen russischen Urmythos auf, der zurückgeht auf den realen Einfall der zentralasiatischen Tataren im 13. Jahrhundert. Mit hohem Anspruch wandelte er ihn zu einer großen Oper epischer Bandbreite, die nichts weniger verhandelt als die Frage, was es bedeutet, gut zu sein.

 

Wir schreiben das Jahr 1243. Niemanden könnte diese Tatsache weniger interessieren als die junge Fewronija, die fernab aller menschlichen Zivilisation in idyllischer Waldeinsamkeit mit großer Tierfamilie aufwächst. Diesen idealen Urzustand zeichnet der naturreligiöse Klangmagier Rimskij-Korsakov in der eröffnenden »Hymne an die Natur« (je nach Fassung auch »Lob der Einsamkeit« genannt) mit allen Regeln seiner beachtlichen Instrumentationskunst. Erarbeitet hat er sich diese in seiner Tätigkeit als Inspizient sämtlicher Marineblaskapellen des Landes, die ihm ein überaus reichhaltiges Wissen um die Fähigkeiten klangfarbenreicher Blasinstrumente verschafft. Von säuselnden Flächen in den Streichern und mystischem Harfengeraune umfangen, erwachen die Waldvögel zum Leben und ermuntern das Orchester zu einem zauberhaften, weit geschwungenen Gesang – ein ewiges, friedvolles Kreisen. Potentiell ewig, muss ergänzt werden, denn in die Idylle platzt (hier nicht zu hören) der junge Prinz der Stadt Kitesch; zunächst inkognito, aber durch einen unvernünftigen Zweikampf mit einem Bären schwer verletzt. Von der tiefen Weisheit Fewronijas gebannt, macht er ihr erfolgreich den Hof. Die Hochzeit findet in Klein-Kitesch statt: Fröhliches Treiben und Festzug mit Showeinlage des (nun gezähmten) Bären. In munteren Glöckchenglanz und Bratschenwärme mischen sich bedrohliche Untertöne: Die Tataren kommen. Um den geheimen Standort Groß-Kiteschs zu erpressen, morden und foltern sie – zum Verräter der Stadt wird der verstoßene Außenseiter Grischka. In einem letzten verzweifelten Verteidigungsversuch reitet der Prinz mit seinem Heer in die »Schlacht am Kershenez«, die Rimskij-Korsakovs Fantasie zu einem atemlosen Orchesterzwischenspiel mitreißendster Qualität beflügelte. Galoppierende Reiterhorden verlangen den Streichern alles ab, die Flöte intoniert Tatarisches und wild gewordene Trompeten lassen sich von krachenden Beckenschlägen nicht vom Wege abbringen. Als man Fewronija von der Niederlage und dem Tode des Prinzen informiert, betet sie verweifelt zu göttlichen Mächten: Groß-Kitesch möge zu seinem Schutze unsichtbar werden. Im lichten Glanz der Morgensonne werden die siegreichen Tataren des Wunders gewahr: Dort, am anderen Ufer des Sees, wo Groß-Kitesch zuvor zu sehen war, ist nichts mehr. Nur noch im Wasser spiegelt sich der Widerschein der Kirchtürme. Ihr Geläut klingt von ferne. In Panik stieben die Horden auseinander. Fewronija fällt in tiefen (vielleicht den allertiefsten) Schlaf. Da erscheint der Prinz. Aus dichtem Nebel steigt Groß-Kitesch mit seiner Kathedrale herauf – die Liebenden gelangen in das erlösende Reich. Als höchsten Audruck ihres Mitleides weist Fewronija auch dem Verräter Grischka den Weg. In gleißend hellem Licht vermischen sich die Stimmen der mythischen Paradiesvögel Sirin und Alkonost mit warmen Blechchorälen und dem ewigen Glockengeläut der unsichtbaren Stadt.

 

Rimskij-Korsakov betrachtete diese vierzehnte seiner fünfzehn Opern als Krönung seines Schaffens. Der produktive und stets experimentierfreudige Musiker bleibt hierzulande noch sträflich unterschätzt und ist primär durch seine Scheherazade und den brillanten »Hummelflug« aus der Oper Das Märchen vom Zaren Saltan bekannt. Dabei ist die Geschichte der russischen klassischen Musik ohne ihn nicht denkbar, brachte er doch die Werke seiner inkonsequenten Freunde Mussorgsky und Borodin überhaupt erst in aufführbare Form und unterrichtete er in knapp vierzig Jahren am St. Petersburger Konservatorium (das heute seinen Namen trägt) die wichtigsten Musiker*innen des Landes. Besonderen Einfluss übte er auf Strawinsky und Glazunov aus, sein Schwiegersohn Steinberg (der diese Opernsuite zusammenstellte) unterrichtete Schostakowitsch. Seinen Studierenden blieb Rimskij-Korsakov mit starkem Gespür für Recht und Unrecht stets zuerst verpflichtet: Während der Arbeit an Kitesch unterstützte der nominell hochrangigste Musiker des Landes mit öffentlichem »moralischem Protest« seine Schüler*innen, die mit Streiks auf die schweren staatlichen Repressionen reagierten und um Freiheitsrechte kämpften. Für diese Solidarität mit der nachfolgenden Generation, die seine musikalischen Errungenschaften und Lehren ins 20. Jahrhundert tragen würde, verlor Rimskij-Korsakov am Ende seines Lebens seine Ämter und wurde mit Aufführungsverboten für seine letzte Oper Der goldene Hahn bestraft.

 

Niklas Schächner

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Konstantin Gorbatow: Die unsichtbare Stadt Kitesch (1913)

Sinfonie Nr. 3 c-Moll »Orgelsinfonie«

Im Januar 1886 gelingt Camille Saint-Saëns ein Meisterwerk, mit dem er seinen Namen unter den ganz Großen platzierte. Mit dem Karneval der Tiere schreibt er eine humoristische Suite, die heute zu den bekanntesten Stücken der klassischen Musik überhaupt zählt. Um einen modernen Maßstab anzusetzen: Eine Aufnahme des „Schwans“ hat bei Spotify mittlerweile über 120 Millionen Streams. Zum Vergleich: Die meistgehörte Aufnahme des ersten Satzes von Beethovens Mondscheinsonate hat „nur“ 30 Millionen mehr. Was Saint-Saëns wohl von dieser Entwicklung halten würde? Man kann natürlich nur mutmaßen, fest steht aber, dass er das Werk nie veröffentlichen wollte, aus Angst vor der Schädigung seines Rufes als ernster Komponist, aber auch, weil er sich mehr als einmal am thematischen Material seiner Kollegen bedient hatte. Parallel zum Karneval der Tiere arbeitete Saint-Saëns aber noch an einem Stück, von dem er sich wirklich Großes versprach, seine 3. Sinfonie „avec orgue“. Später sagte er: „Ich habe in diesem Werk alles gegeben, was ich geben konnte … Was ich hier gemacht habe, werde ich nie wieder machen.“ Die 3. Sinfonie reiht sich heute als sein zweitbekanntestes Stück ein, bestimmt zur Freude des Komponisten.

Der Auftrag zur 3. Sinfonie kommt 1885 aus London. Die Royal Philharmonic Society, die zuvor schon Werke wie Beethovens 9. Sinfonie in Auftrag gegeben hatte, möchte ein Orchesterwerk eines führenden französischen Komponisten. Doch erst falls der präferierte Gounod absagt, wolle man Saint-Saëns, Massenet oder Delibes fragen. Was aus der Korrespondenz mit den anderen Komponisten wurde, ist nicht mehr herauszufinden, aber London schmiedet nur mit Saint-Saëns konkretere Pläne. Nach einigen Verhandlungen wünscht sich die Royal Philharmonic Society von ihm ein neues sinfonisches Werk. So komponiert Saint-Saëns bis April 1886 seine 3. Sinfonie „avec orgue“ in c-Moll, ihr meist genannter Beiname „Orgelsinfonie“ stammt nicht vom Komponisten selbst. Das klingt zunächst nach normalen Geschehnissen des europäischen Musiklebens im späten 19. Jahrhunderts. Doch dass Saint-Saëns die Gattung Sinfonie wählt, erstaunt. Seine 2. Sinfonie liegt 27 Jahre zurück, die Gattung findet zu dieser Zeit in Frankreich so gut wie nicht statt und wenig Anklang. Der kompositorische Fokus liegt auf Orchesterkompositionen unterschiedlichster Form, angeführt von der äußerst populären sinfonischen Dichtung. Nur die Sinfonie hält Winterschlaf. Saint-Saëns Werk rüttelt die GaPung aber wieder wach, bald darauf folgen große Sinfonien von Lalo, d’Indy und Franck, mit denen eine neue Tradition französischer Sinfonik entsteht. Für Saint-Saëns ist es zwar kein wirklicher Durchbruch, er hat schon zuvor mit seinen Klavierkonzerten und sinfonischen Dichtungen ein hohes Ansehen als Komponist errungen, dennoch stellt die dritte Sinfonie seinen ersten Erfolg in dieser „großen Gattung“ dar. Die Uraufführung am 19. Mai 1886 in London wird bejubelt und auch bei der folgenden Aufführung in Paris kommt die Sinfonie sehr gut beim Publikum an. Das Werk widmet er seinem Freund Franz Liszt, der kurz nach der Fertigstellung am 31. Juli 1886 stirbt.

Saint-Saëns nutzt die Gattung der Sinfonie mit ihrem Grundgerüst an Regeln, um etwas grundlegend Neues zu schaffen. Er selbst sagte hierzu: „Obwohl diese Sinfonie in zwei Sätze unterteilt ist, behält sie im Prinzip die traditionelle Viersätzigkeit bei; so dient der erste Satz, der in der Durchführung abbricht, als Einleitung zum Adagio, und auf dieselbe Weise ist das Scherzo mit dem Finale verknüpft. Dabei ging es dem Komponisten darum, endlose Rekapitulationen und Wiederholungen zu vermeiden.“ Hier zeigt sich also im großen Aufbau ein zielgerichtetes System der Entwicklung, dass das gesamte musikalische Material der Sinfonie bestimmt. Zu Beginn des ersten Satzes, nach einer kurzen langsamen Einleitung, erklingt in den hohen Streicher: innen erstmals das Thema, das bis zum Ende der Sinfonie bestimmend bleiben wird. Es teilt sich die ersten fünf Töne mit einem viel zitierten gregorianischen Choral aus der Totenmesse, der Vertonung des Dies-Irae-Hymnus über das jüngste Gericht. Der Allegro-moderato-Teil des ersten Satzes kommt zunächst fast starr daher, wie eine Orchester-Maschine, die der Komponist in Gang setzt. Doch schon hier wird klar, wie meisterhaft Saint-Saëns orchestriert. Die Instrumentengruppen greifen ineinander, lösen sich gegenseitig ab und treiben sich bis zum Höhepunkt immer wieder nach vorne. Im Seitensatz legt die Musik etwas Anspannung ab, wenn auch der Grundrhythmus immer noch im Gefühl bleibt. Der Übergang zum Adagio-Teil des Satzes findet fließend statt, die antreibenden Sechzehntel weichen rhythmisch immer mehr auf. Und dann ist sie plötzlich da, die Orgel. Mit einem einzelnen Ton beginnt sie eine Klangfläche zu legen für das sanfte, elegische Thema des langsamen Teiles. Doch sie bleibt bis zum Ende des Satzes stets im Hintergrund, die Melodie liegt durchgehend im Orchester. Das Adagio wechselt zur Mitte für einen kurzen Moment die Stimmung, als das Dies-Irae-Hauptthema in tiefen Pizzicati erscheint. Diese Pizzicati klaren aber immer mehr auf und legen sich im nächsten Moment als weiterer Klangteppich unter das wiederkehrende melodische Thema des Adagio-Beginns.

Der zweite Satz stellt nun den ersten wirklichen Bruch zu den fließenden Übergängen des ersten Satzes dar. Harsch marschieren die Streicher:innen los und treiben das jähe Allegro moderato des Scherzo-Teils nach vorne. Das folgende Presto kontrastiert mit feinem Humor, aber auch einer Prise Übermut. Erstmals erklingt das Klavier und schraubt sich mit fließenden Figuren in die Höhe. Nachdem sich beide Teile in leicht veränderter Form wiederholt haben, ebbt die Musik ähnlich dem Übergang im ersten Satz ab und schließt den Scherzo-Teil mit dem Dies-Irae-Hauptthema in den tiefen Streicher:innen. Und dann ist es endlich so weit: Die Orgel darf endlich so auftreten, wie man es seit Beginn der Sinfonie sehnlichst erwartet hat. Mit einem strahlenden C-Dur Einsatz durchbricht sie jede Anspannung, die die Musik zuvor durchlebt hat. Doch gleich nach ihrem glorreichen Auftritt muss sie sich wieder hinter dem anderen eingesetzten Großinstrument, dem Klavier, einreihen. Mit spielerischen Figuren für vier Hände, die sich unter das Hauptthema des Finales in den Streicher:innen legen, kreiert Saint-Saëns eine bis dato unentdeckte Klangwelt. Dann darf auch endlich die Orgel die Melodie leiten, die Musik gewinnt immer mehr an Pathos und schreitet mit vehementen Schritten auf die große Apotheose zu. Dieser Weg wird trotzdem immer wieder durch ein sanftes Seitenthema und mehrere Fugato-Stellen eingefärbt. Aber die Musik ist nicht von Ihrem Ziel abzubringen und schließt mit spektakulärem Gestus und allem, was der Orchesterapparat hergibt. 

Frederik Falk

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Camille Saint-Saëns an der Orgel des Salle Gaveau in Paris

Mitwirkende

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Leipziger Universitätsorchester ©Simon Chmel

Das Leipziger Universitätsorchester setzt sich aus musikbegeisterten Studierenden aller Fachrichtungen zusammen. Es wurde im Oktober 2003 von 40 Laienmusizierenden als „Leipziger studentisches Orchester“ gegründet und erhielt im Februar 2004 kurz nach seinem ersten Auftritt seinen heutigen Namen: „Leipziger Universitätsorchester“. Die jungen Musiker_innen, seit Sommersemester 2006 ungefähr 100 an der Zahl, studieren in wöchentlichen Proben jedes Semester ein sinfonisches Programm ein. Dabei bieten sie wechselnd jungen Nachwuchsdirigenten_innen und Solist_innen ein Forum für intensive Orchesterarbeit.

Der Schwerpunkt des musikalischen Repertoires liegt auf Klassik, Romantik und Moderne. Seit Mai 2004 sind die Mitglieder des Leipziger Universitätsorchesters außerdem in regelmäßigen Kammermusikabenden im Alten Senatssaal der Universität Leipzig zu hören.

Die Organisation des Orchesters liegt in den Händen eines ehrenamtlich arbeitenden, studentischen Vorstands aus aktiven Orchestermitgliedern. Musikalische Unterstützung erhalten die Laienmusiker_innen von professionellen Musikern_innen des renommierten MDR Sinfonieorchesters im Rahmen einer Orchesterpatenschaft. Im Mai 2009 konzertierten beide Orchester gemeinsam in einem Jubiläumskonzert anlässlich der 5-jährigen Kooperation. Im Dezember 2012 wurde das Märchenspiel Peterchens Mondfahrt mit Musik von Josef Achtèlik vom MDR-Kinderchor und dem Leipziger Universitätsorchester, anläßlich des 100-jährigen Jubiläums der Uraufführung, im Gewandhaus wieder aufgeführt. Die Aufführung der selten zu hörenden Swing Symphony im Dezember 2013 zusammen mit dem MDR-Sinfonieorchester und der HR-Bigband war ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte der Orchesterkooperation der beiden Klangkörper. Außerdem führte das Universitätsorchester, in Kooperation mit der Musikvermittlung Clara des MDR, 2016/17 mehrmals den Karneval der Tiere auf.


Im Frühjahr 2010 und 2012 unternahm das Leipziger Universitätsorchester seine ersten Reisen ins europäische Ausland nach Italien, Belgien und Frankreich. Dabei kam es zu bereichernden Kooperationen und Konzerten mit Chören und sinfonischen Klangkörpern in München, Bologna, Mailand, Brüssel und Lille. Im März des Jahres 2014 folgte das Orchester einer Einladung des Studentenchores aus Nijmegen zur Gestaltung eines weiteren Austauschprojektes. Im Jahr 2017 (Leuven) und 2022 (Toulouse) nahm das Leipziger Universitätsorchester am European Student Orchestra Festival teil. Der musikalische, persönliche und kulturelle Austausch zwischen den Mitgliedern der Universitätsorchester aus ganz Europa stand hierbei im Vordergrund und bereicherte die Arbeit des Orchesters nachhaltig.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Farbige Porträtaufnahme von Ilya Ram vor dunklem Hintergrund
©Das Foto Loft Dresden

Der amerikanisch-israelische Dirigent Ilya Ram ist seit 2019 Musikalischer Leiter des Leipziger Universitätsorchesters.

Nach erfolgreichem Studium in Tel Aviv und Abschluss seines Masterdirigerstudiums in Dresden wurde Ilya Ram bereits mit zahlreichen internationalen Preisen und Förderungen bedacht. So ist er Preisträger des 5. Evgeny Svetlanov Wettbewerbs, des 8. Dirigierwettbewerbs der mitteldeutschen Musikhochschulen und wurde zum Dirigiermeisterkurs der Bayreuther Festspiele 2017 eingeladen.

Ilya Ram dirigierte u.a. das MDR Sinfonieorchester, das Gstaad Festival Orchestra, das Dartington Festival Orchestra, das Hungarian State Opera Orchestra, die Elbland Philharmonie Sachsen, die Nordböhmische Philharmonie Teplice und das Meitar Ensemble für zeitgenössische Musik.

2019/20 debütierte Ilya Ram im Gewandhaus Leipzig und am Theater Chemnitz, wo er Vorstellungen von »Schwanensee« und »Weiße Rose«, sowie ein Sinfoniekonzert mit der Robert-Schumann Philharmonie leitete.

Besetzung

Violine 1

Antonia Andrae
Anna-Clara Bachmann
Anne Clasen 
Marius Drobisz
Manja Ernert
Jakob Härtel
Charlotte Herold
Tillmann Kranz
Marie-Luise Kruopis 
Daniel Negreanu
Anne Sophie Timm

Violine 2

Agnes Bérbee
Adrian Fichtner
Hannes Hochschild
Leora Koch
Olivia Normann
Magddalena Rambau
Jolande Reschberger
Julius Schilling
Caroline Schweiker
Sophia Seifert

Viola

Clara Borggrefe
Lea Fucks
Johanna Fremerey 
Victoria Gehne
Charlotte Henke
Katharina Josy
Johann Lieberwirth
Friederike Müller
Hannes Rönnecke 
Johanna Spitzer
Maximilian Stegemeyer
Luise Stoll

Violoncello

Berenike Beckhaus
Paula Eschenburg
Frederik Falk
Jan Arne Friedrich
Konrad Fritsche
Clara Jung
Friederike Kollmar
Richard Schmidt 
Marie Luise Stephan
Juliane Wiedersberg

Kontrabass

Irina Andernach Aguilera
Julia Heni
Marieke Kind
Martin Köhler
Sophie Prell
Franziska Rettig

Flöte

Pauline Klein
Lotta Timmermann
Clara Wiehe

Oboe

Johanna Schittenhelm
Charlotte Seltenreich
Leonore Szalai

Klarinette

Till Faulhaber
Lotta Moll
Johanna Rost

Fagott

Anna Cirkel
Felix Förster
Sophia Weißer

Horn

Katharina Dinter
Jakob Grünthaler
Niklas Schächner
Andreas Wagner

Trompete

Erik Fischer
Marleen Groetsch
Jonathan Horn
Wenzel Kriese

Posaune

Friedrich Jopp
Julian Kemming
Leonore Lorek

Tuba

Thorsten Winkler

Pauke/Schlagwerk

Kaja Hahnheiser
Florian Hock
Jakob Riedl
Kai Stephan
Stefan Stopora

Klavier

Jacob Fritzsch
Charlotte Kruopis

Orgel

Josua Velten

Harfe

Helene Weiss
Ida Lindemann

Domra

Julia Platonova

Balalaika

Madin Ogunlade

Wir danken unseren Unterstützer_innen:

Studentenwerk Leipzig

 

StuRa der Universität Leipzig

 

Sinfonieorchester des Mitteldeutschen Rundfunks

 

Förderverein des LUO

 

Leipziger Universitätsmusik

 
 

saltoflorale

 

Impressum

Herausgeber: Leipziger Universitätsorchester

Texte: siehe oben

Layout, Satz: Martin Köhler

 

*Das Leipziger Universitätsorchester übernimmt keine Verantwortung für jegliche Werbe-

anzeigen in diesem Programmheft.

 

Wir haben uns in diesem Semester entschieden, anstelle von Blumensträußen Baumpatenschaften bei der Stiftung Unternehmen Wald an den Solisten und unseren Dirigenten zu vergeben.