Gedämpft ist das Licht in der Universitätskirche. Wie futuristische Baumkronen gehen die weißen Säulen in die gewölbte Decke über, nur schwach beleuchtet – beinahe mystisch. „Die Finsternis vergeht und das erste Licht scheint schon.“ Das ist der Spruch, der über der Universitätsvesper zu Epiphanias liegt, die zeitgleich das Messiaen-Jahr in Leipzig einleitet. 30 Jahre sind 2022 seit dem Tod Olivier Messiaens (1908–1992) vergangen. Universitätsmusik und Universitätsgottesdienst der Uni Leipzig widmen sich in diesem Jahr den sieben Orgelzyklen des französischen Komponisten. [...]
Den Auftakt des Messiaen-Jahres bildet „La Nativité du Seigneur“, die Geburt des Herrn. Organist Daniel Beilschmidt spielt den Zyklus aus dem Jahr 1935 auf der Jehmlich-Orgel, Christian Lehnert liefert zwischen den Stücken textliche Meditationen. Mal erklärend, mal assoziativ anregend. [...]
Daniel Beilschmidt fängt an Tasten und Pedalen die Unbequemlichkeit von Messiaens Musik ein, zähmt sie und übersetzt sie in einen meditativen Fluss. Flötig wirbelnd, dann wieder nachdenklich und schließlich unbeholfen zeigen sich die Hirten in sperrigen Melodien. Auch in den folgenden Teilen wie „Desseins eternels“, ewige Ratschlüsse oder „Le Verbe“, das Wort, kommt Beilschmidts virtuoses Spiel immer wieder in scheinbar endlosen, dröhnenden Akkorden zur Ruhe. Die schwingenden Töne lassen die unaufgelösten Reibungen vergessen, ziehen den Moment ins Unendliche. Das Unfassbare wird fast greifbar. Nach dem Segen schließt die Vesper mit „Dieu parmi nous“, Gott unter uns. Eine wilde Toccata, die in endlosem Dröhnen und dann in der Stille verklingt.