Herzlich willkommen zum Semesterkonzert des Leipziger Universitätsorchesters im Sommersemester 2025!
Leipziger Universitätsorchester
Daniel Seonggeun Kim, Leitung
29.06.2025, 18:00 Uhr
Gewandhaus, Großer Saal
Konzerteinführung um 17:15 Uhr im Schumann-Eck
Programm
Morfydd Llwyn Owen (1891 – 1918)
Nocturne für Orchester Des-Dur
Augusta Holmès (1847 – 1903)
Roland Furieux
I. Allegro (Le paladin Roland chevauche par le monde à la recherche de l'infidèle Angélique)
II. Andante Tranquillo (Les amours d'Angélique et de Médoc. Dans la Forêt)
III. Allegro Feroce (La fureur de Roland)
– Pause –
Dora Pejačević (1885 – 1923)
Sinfonie fis-Moll op. 41
I. Andante maestoso – Allegro con moto
II. Andante sostenuto
III. Scherzo: Molto allegro
IV. Allegro appassionato
Werkeinführung
Nocturne für Orchester Des-Dur
Was wäre gewesen, wenn sie länger gelebt hätte? Diese Geschichte ließe sich über die am 1. Oktober 1891 geborene walisische Komponistin Morfydd Llwyn Owen mit Leichtigkeit erzählen. Aus dem kleinen Ort Treforest im Süden von Wales stammend, an dem ihre Eltern als Hobbymusiker ihr musikalisches Talent förderten, sollte ihr Weg sie erst in die nahe gelegene Landeshauptstadt Cardiff und später nach London führen, ihr Tor zur Welt. Ihre künstlerische Karriere endete allerdings, bevor sie richtig angefangen hatte.
Morfydd Owen fing bereits in jungen Jahren an, Klavier zu spielen und auch zu komponieren. Als sie 16 Jahre alt war, erhielt sie in Cardiff beim Collegeprofessor David Evans Privatunterricht, wenig später wurde zum ersten Mal eine Komposition von ihr veröffentlicht. Ihre Begabung und Entwicklung bereiteten den Weg für ihren Umzug nach London 1912, trotz elterlicher Widerstände. Gleich in ihrem ersten Jahr an der dortigen Royal Academy of Music räumte Owen Preise ab, und zwar für die Nocturne, die im heutigen Konzert zu hören sein wird. Die Erstaufführung geschah damals ebenfalls durch ein studentisches Orchester, am 12. Dezember 1913 dirigierte Alexander Mackenzie das Londoner Academy Student Orchestra. Damals als eine der originellsten studentischen Kompositionen überhaupt wertgeschätzt, kann man in der Farbigkeit des impressionistischen Stückes Anklänge an die Werke ihres Zeitgenossen Claude Debussy heraushören. Beispielhaft dafür stehen die ausgreifenden Harfen-Arpeggien, die im Verlauf des Stückes Glanz ausstrahlen.
Zu Beginn der Nocturne begibt sich das Orchester auf die Suche nach einem vollen Klang. Dabei beginnt die Hinführung mit der Solo-Klarinette, die in großer Ruhe eine harmonisch reizvolle Phrase spielt. Über weitere Solo-Stimmen erreicht das Stück nach 32 Takten seine Haupttonart des-Dur. Die 1. Geigen spielen die Themen des Stücks breit und klangvoll aus. Die Bläser finden sich mit ein, und auf dem Kulminationspunkt – bleibt plötzlich die Solobratsche mit einer musikalischen Frage allein übrig. Nach einem rhythmisch simpel angelegten, tänzerischen Mittelteil, ist es wieder ein Bratschensolo, das uns, dieses Mal mit duftigem Klang, zurück in bekannte Themengefilde leitet. Die Linie steigert sich in die Höhe, es wird schrill, fast störend, bevor uns die Nocturne gemächlich zum ruhigen Schlusspunkt führt. Eine Erinnerung an den tänzerischen Teil bildet den Übergang zur beruhigenden Auflösung in der Ruhe der Tonika in des-Dur.
Die Nocturne ist eines von insgesamt 15 Orchesterwerken, die Morfydd Owen geschrieben hat. Sie verfasste auch Stücke für Chor, kammermusikalische Besetzungen und für das Klavier. Der Schwerpunkt ihres Schaffens liegt aber im Bereich der Lieder und Volkslieder. Zum einen verdiente sie sich Geld durch das Transkribieren und Arrangieren von Volksliedern aus ihrer Heimat, andererseits trat sie selbst als Sängerin auf, eine Qualität, die sie im Studium beeindruckend rasch entwickelte. Später widmete sie sich auch dem Tanzen.
Nicht nur durch die Lieder pflegte Owen ihre Wales-Bezüge. In London bewegte sie sich im Umfeld der presbyterischen Kirche, einem Sammelpunkt für Waliser in der Stadt. Doch dazu tritt ihre Weltgewandtheit. Wäre der Erste Weltkrieg nicht ausgebrochen, hätte Owen ihr Studium wohl in St. Petersburg fortgesetzt. Ihr Freundeskreis war intellektuell, machte sie unter anderem mit den in die Moderne strebenden Literaten Ezra Pound und D. H. Lawrence bekannt, vor allem aber lernte sie Ernest Jones (1879–1958) kennen. Jones, Psychoanalytiker, ein enger Freund und Bewunderer Sigmund Freuds, wurde nach einer kurzen Kennenlernphase im Februar 1917 ihr Ehemann. Gegenüber ihrer Familie wirkte es wie ein Affront, dass Owen einen bekennenden Atheisten heiratete.
Künstlerisch erfolgreich, gut vernetzt, gesellschaftlich aufgestiegen – Morfydd Owen war der junge Stern der walisischen klassischen Musik. Am 17. September 1918 starb sie, viel zu früh, nachdem sie sich im Sommer einer Blinddarm-Operation unterziehen musste. Eine Obduktion, die die genauen Umstände ihres Todes hätte aufklären können, fand nicht statt. Der Biograf ihres Ehemanns stellt in den Raum, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes schwanger gewesen sein könnte. Obwohl sie nur 26 Jahre alt wurde, können wir heute ihre Musik entdecken. In ihrer Heimat wurde letztes Jahr ein eigenes Owen-Festival gefeiert.
Julius Schilling
Roland Furieux
Die am 16. Dezember 1847 in Paris als Kind wohlhabender irisch-britischer Eltern geborene Augusta Holmès zählt zu einer der in ihrer Zeit zwar durchaus stark rezipierten, aber in Vergessenheit geratenen französischen Komponistinnen. Anders als Nadja und Lilli Boulanger oder Germaine Tailleferre, deren Schaffen durch die Kanonisierungsprozesse des 20. Jahrhundert nicht gänzlich getilgt werden konnten, war es Holmès, eine Generation früher geboren, und ihrer Arbeit nicht vergönnt sich ins 20. Jahrhundert und in die Gegenwart hinüberretten. Als „Schwellenkomponistin“ der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde ihr Werk im Fortschritt von musikalischen Ästhetiken und gesellschaftlichen Entwicklungen als veraltet fallengelassen, wodurch diese bedeutende Repräsentantin der Musik des Fin de Siècle in Vergessenheit geriet.
Holmès studierte Klavier und Gesang bei Henri Lambert, reicherte dieses künstlerische Grundstudium durch das Studium von Tonsatz, Kontrapunkt und Fuge an. Des Weiteren nahm sie Studien zur Orchestration bei Hyacinthe Klosé auf. Der Startpunkt ihrer Karriere war der Salon ihres Vaters, der, gemäß der französischen Salonkultur des 19. Jahrhunderts, nicht nur vom kunstinteressierten Bürgertum, sondern auch von Maler*innen, Dichter*innen und Komponist*innen besucht wurde. So frequentierten u. a. auch Camille Saint-Saëns, seinerzeit einer der über die französischen Grenzen hinweg bedeutendsten Komponisten Frankreichs, sowie der Schriftsteller und spätere Partner Holmès’ Catulle Mendès den väterlichen Salon. Die lebenslange Verbundenheit mit der Pariser Künstlersphäre zeigte sich auch in ihrer Bekanntschaft zu Franz Liszt oder Charles Gounod sowie Stéphane Mallarmé. Bis zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 näherte sich Holmès den Ideen und der Musik Richard Wagners an – die Schmach des verlorenen Krieges setzte ihrem Wagnérisme allerdings schnell ein Ende, obwohl sie Wagners Schaffen Zeit ihres Lebens verbunden bleiben sollte. Sie orientierte sich nun zunehmend am Schülerkreis Cesár Francks, dem Komponisten wie Ernest Chausson, Henri Duparc oder Vincent d’Indy angehörten. Das Studium bei Franck dauert bis 1875, ihren ersten großen Erfolg feierte Holmès 1880 mit der Symphonie dramatique Les Argonautes. Mit diesem Werk war sie beim Concours de la Ville Paris angetreten, belegte aber – wahrscheinlich wegen einer Intrige – nur den 2. Platz. Die offizielle Uraufführung 1881 wurde dennoch zum Erfolg, dem weitere Orchesterwerke folgten, die ihre Stellung als etablierte und gefragte Komponistin weiter festigten. 1895 wurde ihre Oper La Montagne noir uraufgeführt und ebenfalls positiv rezipiert. In der französischen Traditionslinie Francks, Jules Massenets und Gounods schaffte sie eine eigene sehr farbenreiche und hoch entwickelte motivisch-thematische Musik, die sie zur inoffiziellen Staatskomponistin der Dritten Republik machte.
In Holmès’ Werk gibt es immer wieder Bezüge zum europäischen Kulturerbe, wie nicht nur in Les Argonautes deutlich wird. Ihre 1875/76 komponierte Symphonie Roland furieux hat Ludovico Ariosts 1516 erschienenes Versepos Orlando furioso – zu deutsch: Der Rasende Roland – zur Grundlage. Ariosts Hauptwerk, welches neben Dantes Göttlicher Komödie ein Urtext der italienischen Literatur ist, beschreibt die fantastischen Abenteuer des Paladins Roland, der im Dienste Karls des Großen steht. Dessen Kämpfe gegen die Mauren unter dem fiktiven König Agramante werden zum Hintergrund für die Geschichte Rolands, in der Ariost das ganze Repertoire der Renaissance-Dichtung zückt: Es geht um tugendhafte Ritter, kämpfende Frauen, Liebe und Verrat, höfische Sitten und kühne Taten. Ariost verschränkt meisterhaft verschiedenste Handlungsstränge, doch kurz gesagt: es geht um Rolands Liebe zur „heidnischen“ Prinzessin Angelica, welche sich nach Roland in den Mauren Medor verliebt. Roland bereist die Welt auf der Suche nach der verlorengegangen Angelica, findet das Paar in dessen Liebesgarten und verliert daraufhin den Verstand. Infolge des Liebesverrats und in geistiger Umnachtung verwüstet Roland Europa und Afrika, während der Ritter Astolfo auf einem Hippogreifen versucht ein Gegenmittel gegen Rolands Wahn zu finden. Da die Erde der „Hort des Wahnsinns“ ist, findet er Rolands Vernunft letztendlich auf dem Mond (dem „Hort des Verlorenen“) und kann den Wütenden zur Raison bringen. Ariost zeigt auf einfühlsame Weise jede Emotion seiner Figuren und die Komplexität derer Gefühlswelten, aber auch der Rasende und seine Untaten sowie die Gewalt des Krieges werden schonungslos dargestellt. Dies zu vertonen machte sich Holmès also zur Aufgabe…
Der 1. Satz der Symphonie ist Rolands Reise und Suche nach Angelica gewidmet und eine musikalische Tour de Force. Während die Triolen der Streicher und Klarinetten ein stetes Gefühl der Bewegung und Geschwindigkeit evozieren – vielleicht ein galoppierendes Pferd –, treiben die Fanfaren der Posaunen und Trompeten das musikalische Gefüge voran. Immer wieder kommt es zu Aufwallungen und Spannungssteigerungen durch die Holz- und Blechbläser, die den gesamten Orchesterapparat anspornen. Das Fagott leitet ein unruhiges und scheinbar suchendes Thema ein, das ebenso nicht wirklich zur Ruhe kommt. Nach und nach schält sich im Dialog zwischen den Streichern und den Holzbläsern ein Idyll heraus, das beinahe einen tänzerischen Gestus hat. Doch auch hier bricht sich erneut das gehetzte Thema vom Beginn Bahn, um gegen Ende des 1. Satzes eine heroische Lösung zu forcieren, bis in den finalen Takten ein Triumphchor der Bläser der Suche ein Ende setzt. Der Mittelsatz, welcher die Liebe zwischen Angelica und Medor zeichnet, wird durch ein schwelgerisches Thema der Celli eröffnet, in das peu à peu das gesamte Orchester einstimmt. In der Fortbewegung taucht nun ein eher lyrisches Thema auf, das sukzessive durch das gesamte Orchester bearbeitet, variiert und dabei immer raumgreifender und luftiger artikuliert wird. Ein Solo der Violine scheint einen Moment von bewegter und inniger Zweisamkeit zu zeichnen, während der gesamte Satz eigentlich ein Gefühl des Ineinanderaufgehens zweier Liebender aufscheinen lässt, die sich in ihrem Locus amoenus verlieren. Durch leises Spiel der Pauken bekommt die Musik gegen Ende des Satzes einen feierlichen Charakter, bevor sich das Orchester wieder in einem träumerischen Ton verliert und friedlich entschläft. Der Schlusssatz steht ganz im Zeichen der Raserei Rolands. Das plötzliche Losschlagen des gesamten Orchesterapparats, der plötzliche Augenblick der Realisation, leitet eine gewaltvolle Erregung ein, der schwungvolle Streicher und Fanfaren im Blech eine Stimme geben. Immer wieder droht die Raserei auseinanderzufallen; der innere Kampf Rolands zwischen Eifersucht, Liebe, Trauer und Hass wird greifbar. Die versuchte Befriedung durch ein lyrisches Thema der Holzbläser, Hörner und Streicher sowie mittels eines sanften Schimmerns in den Violinen wird wiederum durch erneute Stöße aus dem Blech gebrochen. Einen Moment von Ruhe und Vernunft kann es nicht geben, Tuttischläge und die schließliche Steigerung der Rage im Finale werden durch das beschleunigte Anfangsthema untermalt – der Satz endet in einem Fanal.
Hans Rädler
Sinfonie fis-Moll op. 41
Man könnte vermuten, das hier sei eine Geschichte wie so viele: Eine überaus begabte Komponistin, die an den sexistischen Grenzen ihrer Zeit scheiterte. Nie Ausbildung oder Chancen erhielt, nie mit großen Zeitgenossen und Orchestern arbeiten durfte. Lediglich pures Talent, autodidaktisch erarbeitetes Können und ein paar Manuskripte, die in der Schublade verschwinden, um lange nach ihrem Tod wiederentdeckt zu werden. Und dann der bekannte Seufzer: „Was hätte sie nur alles werden können…“
Doch die Geschichte von Dora Pejačević ist eine andere.
1885 als Tochter eines kroatischen Grafen und einer ungarischen Baronin geboren, genoss sie eine vortreffliche aristokratische Erziehung. Früh erhielt sie Geigen- und Klavierunterricht, später studierte sie Komposition und Instrumentation bei namhaften Privatlehrern. Mühelos bewegte sie sich in den musikalischen Wiener Salons, pflegte Künstlerfreundschaften unter anderem mit Karl Kraus und Rainer Maria Rilke. Und ihre Werke fanden zu Lebzeiten durchaus Anerkennung. So lobte zum Beispiel 1918 der Kritiker des Neuen Wiener Tageblatts die Uraufführung des zweiten und dritten Satzes ihrer Sinfonie – natürlich nicht ohne männlich-gönnerhaften Unterton: „Nun, die komponierende Komtesse hat es nicht nötig, ihr gräfliches und weibliches Geschlecht zu verleugnen, sie stellt nämlich trotzdem eine ganz außerordentliche Begabung dar, von der vieles zu erwarten ist.“
Dieser zweite und dritte Satz, die das Publikum dort zu hören bekam, könnten unterschiedlicher kaum sein. Ersterer ist über weite Strecken von kammermusikalischen Dialogen der Holzbläser geprägt: Ein lyrisches Englischhorn-Solo eröffnet den langsamen Satz, Klarinette und Oboe spinnen das Solo fort. Nach einem Aufbäumen und schließlich Ausbrechen des großen romantischen Orchestersatzes kehrt am Ende erneut besinnliche Ruhe ein. Der dritte Satz ist hingegen ein überwältigendes Scherzo, das eulenspiegelhaften Humor versprüht: Waghalsige Achtelketten, unerwartete Akzentverschiebungen und überrumpelndes Schlagwerk sorgen für ein stolpernd-überdrehtes Klangerlebnis.
Die Komponistin vervollständigte ihr Werk, an den ersten Erfolg der mittleren Sätze anknüpfend, auf gleichsam vielfältige Weise. An den Beginn stellt sich einen gewaltigen Kopfsatz, der den monumentalen spätromantischen Orchesterapparat – Sie hören heute Abend unter anderem 6 Hörner! – voll auszunutzen weiß. Diverse musikalische Ideen fließen organisch ineinander über: Schonungslose Anfangsakkorde, schwerfällige Einleitung, leichtfüßiges Allegro, vornehme Seitenthemen, dramatischer Blechbläser-Pathos. Ein großes Crescendo führt zu einem Schluss, der sich nicht ganz entscheiden kann, ob er schmerzvoll oder jubelnd ist.
Im Finale inszeniert Pejačević schließlich ein heroisches Thema, das sogleich ohne große Vorbereitung aus dem Orchester emporsteigt. Nach den vorangegangenen drei Sätzen wäre es leicht gewesen, diesen Jubel stürmisch ins Ziel zu peitschen. Doch Pejačević bleibt stehen, dreht sich um, reflektiert und schwelgt in Erinnerungen. Und so mischen sich über weite Strecken überraschend lyrische, tänzerische und mitunter melancholische Stellen in dieses Finale, bevor die Kräfte des großen Klangkörpers wieder entfesselt werden und die Sinfonie mit einem romantisch-triumphalen Sturm ausklingt.
Angeblich hatte der weltberühmte Gewandhauskapellmeister Arthur Nikisch Interesse daran, die Sinfonie von Dora Pejačević ins Programm aufzunehmen, zumindest ließ er sich die Noten 1920 zusenden. Im Januar 1922 verstarb der Dirigent jedoch, ohne das Werk einmal gespielt zu haben. Es lässt sich nur spekulieren, welche Auswirkungen eine solche Aufführung auf das Vermächtnis der Komponistin gehabt hätte. Ein Jahr später starb auch Pejačević – sie wurde gerade einmal 37 Jahre alt – und geriet lange Zeit in Vergessenheit. Erst 2023, genau 100 Jahre später, sollte ihre Sinfonie dann doch endlich im Gewandhaus erklingen. Eine zweite Aufführung werden Sie heute Abend hören.
Letztendlich gelangen wir also doch zur Frage: „Was wäre gewesen, wenn…?“ Die ehrliche Antwort: Wir wissen es nicht. Aber wir lassen heute Abend den Konjunktiv fallen und schauen auf das, was wir wissen: Dora Pejačević hat uns eine abwechslungsreiche, vielschichte, mitreißende – ja, eine großartige Sinfonie hinterlassen.
Luca Rummel
Mitwirkende
Das Leipziger Universitätsorchester wurde im Oktober 2003 von Studierenden verschiedenster Fachrichtungen als »Leipziger Studentisches Orchester« gegründet. Die ersten Proben fanden Anfang November im Krochhochhaus am Augustusplatz statt. Später etablierte sich die Mensa am Campus Jahnallee als Probenort. Am 15. Januar 2004 fand das Gründungskonzert unter der Leitung von Norbert Kleinschmidt im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses statt. Mit Bartóks Rumänischen Volkstänzen, Mozarts 1. Flötenkonzert und Haydns 104. Sinfonie trat das Orchester erstmals an die Öffentlichkeit. Am 13. Februar 2004 bestätigte das Rektorat die Zusammenarbeit mit dem Klangkörper, der sich seither »Leipziger Universitätsorchester« (LUO) nennt. Bereits das folgende Konzert konnte mit 74 Mitwirkenden im Großen Saal des Gewandhauses stattfinden – nun unter der Leitung von Anna Shefelbine, die im ersten Probedirigat gewählt worden war. Durch die Anbindung an die Leipziger Universitätsmusik konnte dem Orchester entscheidende Infrastruktur ermöglicht werden. Ebenfalls im Jahr 2004 begann die dauerhafte finanzielle Unterstützung durch den StudentInnenrat der Universität. Zudem nahm schon damals die enge und vielgestaltige Kooperation mit dem MDR-Sinfonieorchester ihren Anfang, dessen Mitglieder als Dozierende bis heute die Stimmproben leiten.
Das Aushängeschild des Leipziger Universitätsorchesters war und ist seine konsequent durchgeführte demokratische Selbstverwaltung. Jedes einzelne Orchestermitglied hat auf allen organisatorischen Ebenen ein Mitspracherecht und kann persönliche Ideen und Meinungen einbringen. Grundsätzliche Entscheidungen werden von der Vollversammlung aller Mitglieder getroffen. Orchestervorstand, Dirigent*in und musikalisches Programm werden vom Plenum gewählt und bestätigt. Ebenso entscheidet das Orchester in Probespielen demokratisch über die Aufnahme neuer Mitglieder. Diese ist immatrikulierten Studierenden vorbehalten – die daraus resultierende Fluktuation sorgt beständig für neue Impulse und garantiert Offenheit und Teilnahmemöglichkeiten.
Die Freude am gemeinsamen Musizieren und steter Ehrgeiz und Mut haben das Orchester sicher durch zwei Jahrzehnte geführt. Zu den Höhepunkten der Orchestergeschichte zählen Konzertreisen nach Italien, Brüssel/Lille, in die Niederlande und nach Löwen, Kooperationskonzerte mit dem MDR-Sinfonieorchester und -Kinderchor sowie der HR-Bigband und die Entstehung von zwei Dokumentarfilmen. Beständig wurde neues Repertoire erschlossen, so u. a. Sinfonien von Dvořák, Mahler, Brahms, Sibelius, Schostakowitsch, Prokofiev, Elgar, Tschaikowsky, Nielsen, Borodin, Berlioz und Beethoven, daneben zahlreiche Solokonzerte, Tondichtungen und Ouvertüren, aber auch Chorwerke wie Brittens War Requiem oder Mendelssohns Die erste Walpurgisnacht.
In der Nachfolge von Juri Lebedev, Kiril Stankow, Raphael Haeger, Frédéric Tschumi und Ilya Ram liegt die musikalische Leitung seit 2024 in den Händen von Daniel Seonggeun Kim. Nach der Pandemiezeit startete das LUO mit gewohntem Optimismus neu. Schon im Sommer 2022 wurde beim European Student Orchestra Festival in Toulouse ein musikalisches Zeichen gesetzt und der Orchestergeist neu entfacht. Mit der Gewandhaus-Erstaufführung der e-Moll-Sinfonie von Amy Beach, Bruckners Siebter und Saint-Saëns’ »Orgelsinfonie« wagte sich das Orchester auch seither an ambitionierte Literatur. Die Gründung eines Projektchores zur Aufführung der Sea Symphony von Ralph Vaughan Williams im Rahmen des Jubiläumskonzerts im Januar 2024 darf für die ungebrochene Motivation und Organisationsleidenschaft des Orchesters stehen.
Zum aktuellen Semesterkonzert zählt das LUO 95 Mitspielende. Seit der Eröffnung der Aula und Universitätskirche Paulinum finden die Proben dort statt, im Wechsel mit dem vom MDR großzügig zur Verfügung gestellten Orchesterprobensaal. Eine studentische Hilfskraft in der Universitätsmusik, wichtige Sponsoren und ein Förderverein unterstützen die komplett ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder.
Neben den regulären Semesterkonzerten gestaltet das Orchester jedes Semester ein Schulkonzert, einen Kammermusikabend sowie das Format »Auftakt« mit kleineren sinfonischen Werken. Selbstverständlich steht der gesellige Aspekt gleichfalls im Fokus, sei es beim Zusammensein nach Proben oder auf dem Probenwochenende, beim Running Dinner oder in den andauernden Freundschaften, die unter den Orchestermitgliedern entstehen. In ihnen leben die ersten 20 Jahre LUO vielerorts fort.
Niklas Schächner
Daniel Seonggeun Kim
Der Dirigent Daniel Seonggeun Kim ist der 1. Preisträger des 12. Dirigierwettbewerbs der mittdeutschen Musikhochschulen und seit April 2024 neuer Chefdirigent des Leipziger Universitätsorchesters. Er begann im April 2018 sein Bachelorstudium im Fach Orchesterdirigieren an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, das er im Frühjahr 2022 mit Auszeichnung abschloss, und studiert derzeit im Konzertexamen an derselben Hochschule bei Prof. Nicolás Pasquet und Prof. Ekhart Wycik.
Im Rahmen seiner Ausbildung arbeitete er mit zahlreichen professionellen Orchestern wie dem MDR Sinfonieorchester, der Jenaer Philharmonie, der Staatskapelle Weimar, der Thüringen Philharmonie Gotha Eisenach, der Anhaltischen Philharmonie Dessau, dem Sinfonieorchester Karlovy Vary und der Philharmonie Hradec Králové.
Unter anderem assistierte Daniel Kim dem Generalmusikdirektor Markus L. Frank bei Alexander Zemlinskys Oper "Der König Kandaules" am Anhaltischen
Theater Dessau. In der Spielzeit 23/24 assistierte er dem Chefdirigenten Domink Beykirch bei der Neuproduktion "Capuleti e i Montecchi" am Deutschen Nationaltheater Weimar.
Von Herbst 2019 bis Frühjahr 2023 war er künstlerischer Leiter des Collegium Musicum Weimar, dem offiziellen Hochschulensemble der HfM Weimar, mit dem er ein vielfältiges sinfonisches Repertoire zum Klingen bringt. Darüber hinaus leitete er mehrfach als Gastdirigent das Akademische Orchester Erfurt. Seit 2023 ist er Stipendiat im Forum Dirigieren des Deutschen Musikrates.
Besetzung
Violine 1
Antonia Andrae
Anna-Clara Bachmann
Anne-Sophie Bruchmüller
Anne Clasen
Helen Djalali
Marius Drobisz
Jakob Härtel
Annika Helms
Jonathan Jopp
Marie-Luise Kruopis
Daniel Negreanu
Anna Roth
Clara-Josephine Staemmler
Anne Sophie Timm
Kathi Meyer
Vincent Geer
Violine 2
Agnes Berbée
Richard Butzlaff
Anna Jung
Leora Koch
Knut Nierhaus
Sina Pletsch
Yuanshu Pu
Magdalena Rambau
Jolande Reschberger
Sabeth Rückbrodt
Julius Schilling
Caroline Schweiker
Sophia Seifert
Golda Weigand
Merle Welten
Friedrich Raff
Elli Ludwig
Luca Rummel
Wiebke Hennig
Viola
Edna Brox
Lea Fucks
Johanna Fremerey
Charlotte Henke
Katharina Josy
Helena Morgner
Friederike Müller
Elisa Olbrich
Beatriz Aragón Carreño
Eira Martínez Rivero
Violoncello
Frederik Falk
Jan Arne Friedrich
Klara Funfack
Philipp Heise
Clara Jung
Friederike Kollmar
Richard Schmidt
Marie Luise Stephan
Nadja Unger
Juliane Wiedersberg
Kontrabass
Julia Heni
Leonhard Weiss
Héloïse Willand
Irina Andernach Aguilera
Marieke Kind
Johannes Köppl
Flöte
Lotta Bonni Timmermann
Annalena Buhl
Daniel Charif
Helene Joana Klemm
Oboe
Johanna Schittenhelm
Jonathan Gorenflo
Zoe Brückner
Klarinette
Till Friedrich Faulhaber
Pepijn Hulsbergen
Angelika Vaihinger
Fagott
Miriam Al-Ali
Charlotte Pannenbecker
Sophia Weißer
Felix Förster
Horn
Simon Biskupski
Antonia Brunner
Niklas Schächner
Nathanael Zahn
Miriam Voltz
Andreas Wagner
Trompete
Erik Fischer
Jonathan Horn
Solveig Schmid
Konrad Müller
Robert Ohnesorge
Posaune
Friedrich Jopp
Samuel Michel
Ferdinand Pietsch
Tuba
Chris Sanchez
Pauke/Schlagwerk
Kaja Hahnheiser
Jakob Tintelnot
Emily Marie Wendrich
Harfe
Helene Weiss
Unsere Unterstützerinnen und Unterstützer
Das Leipziger Universitätsorchester bedankt sich bei allen Sponsorinnen und Sponsoren, ohne deren großzügige Unterstützung unsere Probenarbeit und dieses Konzert nicht möglich gewesen wären.
Wenn auch Sie das LUO unterstützen möchten, ist dies im Rahmen einer Einzelspende oder über eine Mitgliedschaft im Förderverein möglich.
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.unimusik.uni-leipzig.de/universitaetsorchester/unterstuetzen
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Sächsischer Musikrat

Studentenwerk Leipzig

StuRa der Universität Leipzig

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Impressum
Herausgeber: Leipziger Universitätsorchester
Texte: siehe oben
Layout, Satz: Martin Köhler
*Das Leipziger Universitätsorchester übernimmt keine Verantwortung für jegliche Werbe-
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